Smartphones für Kinder der Ärmsten
Da wegen Corona die Schulen in Indien zu sind, ermöglicht die Nandri-Kinderhilfe das Homeschooling
Kindern und Familien in Südostindien, besonders Mädchen und jungen Frauen eine Chance auf Bildung, Kleidung, sauberes Trinkwasser geben: Seit Jahren engagiert sich die Nandri-Kinderhilfe mit Patenschaften und Projekten für die arme Region rund um die Stadt Chennai im südlichsten Bundesstaat Tamil Nadu. Die inzwischen 85 Jahre alte Monika Gerbas aus Oberursel hatte 1998 alleine mit der Hilfe begonnen. "Eigentlich wollte ich damals nur mein Patenkind besuchen, und da sah ich das ganze Elend", berichtet sie. Spontan half sie, in dem sie nach ihrer Rückkehr Kleider sammelte und zu den Menschen schickte.
Steffen Roehn und Monika Gerbas in der "Vereinszentrale". FOTO: Jochen Reichwein
Im Jahr 2005 wurde die Nandri-Kinderhilfe zum Verein mit inzwischen fast 60 Mitgliedern und 500 Kindern, die vor Ort betreut werden. Monika Gerbas wurde die erste Vorsitzende. Es wurde eine Schule aufgebaut, und es entstanden sieben Dorfzentren. 250 Kinder haben inzwischen Pateneltern, nicht nur aus Oberursel. "Wir hatten sogar schon eine Patin aus Mexiko", erzählt die quirlige Monika Gerbas.
In den vergangenen Jahren habe der Verein im Schnitt 130 000 bis 140 000 Euro an Spendengeldern pro Jahr generiert. "Das genügt, um 500 Kinder und Studenten ein Jahr zu ernähren, zu kleiden und auszubilden", berichtet Steffen Roehn, Zweiter Vorsitzender der Kinderhilfe. Man helfe schließlich in einem Landstrich, in dem die Menschen von der Ziegelherstellung von Hand leben, Kinderarbeit inklusive. "Damit sie ihre Kinder in unsere Schule schicken, müssen wir die Familien finanziell unterstützen, weil sie auf den Lohn eines Kindes nicht verzichten können", berichtet Roehn, der im März vergangenen Jahres zuletzt vor Ort war.
Doch den im Elend lebenden Familien und ihren Kinder in Corona-Zeiten zu helfen, ist nicht einfach. Anfang vergangenen Jahres waren die Helfer letztmals in Tamil Nadu, Sachspenden könnten derzeit nicht verschickt werden, weil Indien auch kaum noch angeflogen werde. Deshalb werde inzwischen digital improvisiert, denn in Indien sind die Schulen noch immer geschlossen, auch die vom Verein aufgebaute "Little Flower Primary School". "Wir haben 35 Smartphones für Homeschooling angeschafft und einen erfolgreichen Pilotversuch gemacht", berichtet Roehn. Und am kommenden Montag werde ein neues Dorfzentrum per Zoom-Konferenz eröffnet und gefeiert. "Es gibt dort einen großen Bildschirm, und die Kinder können uns dann auch sehen. Ohne uns nehmen die Inder das Zentrum nicht in Betrieb, das ist eine Glaubensfrage", beschreibt Steffen Roehn die Dankbarkeit, die dem Verein entgegengebracht wird. Er arbeitete fünf Jahre in Mumbai in der IT-Branche und hat dabei seine "Liebe zu Indien entdeckt". Durch die Taunus Zeitung war seine Frau dann auf die Aktivitäten von Monika Gerbas aufmerksam geworden, seitdem engagiert er sich.
Alle arbeiten ehrenamtlich
Inzwischen sind Monika Gerbas und Steffen Roehn ein Team, das mit den weiteren drei Vorstandsmitgliedern Hand in Hand arbeitet. Alle Fäden laufen in der Wohnung von Monika Gerbas zusammen, die Lager, Geschäftsstelle, Vereinsheim, Kommunikationszentrum und Büro in einem ist. "Ja, hier ist gewissermaßen das Headquarter", lacht sie. Zudem habe es gerade Veränderungen im Vorstand gegeben. Neben Monika Gerbas und Steffen Roehn ist Petra Feibel Erste Kassenwartin, Frank Claus Zweiter Kassenwart. Neu im Vorstand ist Silke Lehnhardt als Schriftführerin. Als Helferinnen fungieren Christiane Färber, die einmal in der Woche die Büroarbeit erledigt, sowie Susanne Dreisbach, die sich um die Steuerangelegenheiten des gemeinnützigen Vereins kümmert. Oliver Latta sorgt für den neuen Internetauftritt, Manuel Grebig und Stephan Scheler stellen Flyer und Visitenkarten her. Alle arbeiten ehrenamtlich. Und der Verein will expandieren, weitere Unterstützer und Paten für die indischen Kinder auch bundesweit mobilisieren. Dafür auch der neue Internetauftritt.
Monika Gerbas wird in ihrem Engagement nicht müde. Derzeit sammelt sie Kleider für einen Hofbasar, der am Sonntag, 5. September, von 11 bis 17 Uhr vor ihrer Wohnung im Erlenbachweg 3 stattfinden soll. Der Erlös geht natürlich nach Indien. "Ich werde helfen, bis ich umfalle" verspricht sie. "Ich kann nicht jammern, dass ich alt bin und nur Kreuzworträtsel machen", sagt sie und klingt dabei ziemlich überzeugend. Sie hofft, wenigstens im kommenden Jahr wieder nach Indien fliegen zu können, wo sie von den Kindern immer mit "Welcome, Grandma!" begrüßt wird.
Wer mit der Nandri-Kinderhilfe Kontakt aufnehmen möchte, findet alle dafür notwendigen Informationen auf der Internetseite nandrikinderhilfe.de.
Jochen Dietz
(Taunuszeitung / Frankfurter Neue Presse)